Tiefe Gesteine und ferne Planeten: Geobiologische Forschung im BedrettoLab
Cara Magnabosco und ihr Team erforschen Untergrundumgebungen im BedrettoLab und fokussieren dabei auf Bakterien, die durch «Atmen von Gesteinen» überleben. Sie untersuchen Lebensbedingungen, entdecken seltene Mikroorganismen und erforschen deren Lebensstil.
Worin besteht Ihre Forschung im BedrettoLab?
Meine Forschungsreise im BedrettoLab begann im Jahr 2020. Im Allgemeinen gestaltet sich der Zugang zu «tiefen Ökosystemen» in meinem Fachgebiet als schwierig. Daher ist es eine bedeutende Chance, das BedrettoLab in unmittelbarer Nähe zu haben und nahezu permanenten Zugang zu erhalten. Anfangs wollten wir einfach herausfinden, was sich in den Bohrlöchern und im Wasser, das durch die verschiedenen Brüche fließt, befindet. Wir begannen, zahlreiche Wasserproben zu entnehmen, um eine Vorstellung von der Probenzusammensetzung zu erhalten, ihren Ursprung zu ermitteln und die chemische Zusammensetzung zu analysieren. Unser Ziel ist es, Energiequellen im Wasser oder auf der Gesteinsoberfläche zu identifizieren, die Mikroorganismen ernähren können. Solche Energiequellen umfassen beispielsweise CO2 oder Stickstoff, die in unterschiedlichen Mengen im gesamten Tunnel vorkommen.
Nachdem wir ein besseres Verständnis für das Vorhandensein gewonnen hatten, begannen wir auch, die Auswirkungen hydraulischer Stimulationen auf das Mikrobiom zu untersuchen, ein Begriff für die Mikroorganismen, die in einer bestimmten Umgebung existieren. Wir beobachteten Veränderungen in der Wasserchemie und in den mikrobiellen Populationen während der Stimulationen. Gegenwärtig betreiben wir ein geobiologisches Überwachungsbohrloch und überwachen langfristig die Wasserchemie und Biologie mit verschiedenen permanenten Messinstallationen. In diesem Bohrloch führen wir verschiedene Experimente durch, um besser zu verstehen, wie die Mikroorganismen im BedrettoLab überleben und sich entwickeln.
Zusätzlich haben wir weitere Überwachungsstationen installiert, um saisonale oder experimentell bedingte Veränderungen im System zu identifizieren. Wir haben das gesamte Setup «DELOS» genannt, was für «Deep Life Observatory» steht, als Hommage an die griechische Insel gleichen Namens, die das Sterben verbietet. Die Mikroorganismen, die in Bedrettos DELOS leben, haben es abgelehnt zu sterben, obwohl sie hunderte bis tausende Meter von der Sonne und der Oberfläche entfernt sind.
Welche Werkzeuge und Methoden verwenden Sie?
Mein Team kommt in der Regel mit Eimern und vielen Flaschen in den Tunnel. Mit diesen Gefäßen entnehmen wir unsere Wasserproben direkt aus den Bohrlöchern oder aus einer Wasserquelle irgendwo im Tunnel. Anschließend bringen wir die Proben in unser Labor hier an der ETH Zürich und analysieren sie. Das bedeutet, dass wir Wassertropfen unter dem Mikroskop betrachten, chemische Analysen durchführen oder, wenn wir interessante Mikroorganismen identifizieren, versuchen, sie anzubauen und ihre DNA zu sequenzieren. Da wir eine Vielzahl von Daten über das DELOS-Ökosystem sammeln, verwenden wir auch maschinelles Lernen, um diese Daten mit den DNA-Analysen zu kombinieren. Maschinelles Lernen hilft uns, Muster zu identifizieren und letztendlich Verbindungen zwischen der Umgebung oder Veränderungen darin zu erkennen, die zu Veränderungen bei den Mikroorganismen, z.B. Bakterien, und dem Auftreten bestimmter Lebensformen führen.
Gab es während Ihrer Forschung im BedrettoLab überraschende Entdeckungen?
Wir haben eine große Population extrem interessanter ultrakleiner Bakterien entdeckt. Im Vergleich zu komplexen Lebensformen wie Pflanzen haben sie äußerst kleine Genome und gehören zu den kleinsten Lebensformen auf der Erde. Daher fragen wir uns, warum genau diese Bakterien hier auftreten, was sie zum Überleben brauchen und woher sie stammen. Während der hydraulischen Stimulationen haben wir außerdem eine Veränderung in der Wasserchemie festgestellt, die höchstwahrscheinlich auf die neu entstandenen Risse im Gestein zurückzuführen ist. Dies bedeutet, dass bei Brüchen im Gestein eine Reaktion in Gang gesetzt wird, bei der Wasserstoff und Sauerstoff freigesetzt werden, indem Wassermoleküle gespalten werden. Das Ergebnis ist eine hochreaktive Flüssigkeit, die potenzielles Leben energetisch unterstützt. Wir fragen uns, ob dies vielleicht eine Energiequelle für frühes Leben war.
Mit Ihrem «Center for Origin and Prevalence of Life» lenken Sie auch den Blick auf andere Planeten und die Möglichkeit außerirdischen Lebens. Was hat Ihre Forschung mit Leben auf anderen Planeten zu tun?
Die von mir beschriebene Reaktion, bei der Silikatgestein wie der Rotondogranit und Wasser reagieren, um biochemische Energie zu erzeugen, ist recht allgemein. Dies bedeutet, dass sie auch im Untergrund anderer Planeten auftreten und alternative Ökosysteme antreiben könnte. Dieser Reaktionsweg erhöht die Wahrscheinlichkeit des Vorhandenseins außerirdischen Lebens, beispielsweise auf dem Mars.
Das Interview führte Stefanie Zeller-Cadetg.